Rekonstruktionsversuch eines Holzaltars

Die Rekonstruktion von Altären der Kultstätte in Oberdorla erweist sich als schwierig, da diese nach dem Gebrauch zerstört wurden. In der Erde eingelassene Holzpfähle und in der Nähe gefundenen Ruten deuten auf das Vorhandensein von Plaggenaltären.
Es wurden aber auch einige ebenfalls vertikal symetrisch angeordnete Holzpfähle ohne entsprechende Ruten ausgegraben. So ist anzunehmen, daß diese Altäre anders augebaut waren.
Die Reste eines in die ausgehende frühe und mittlere Kaiserzeit datierten in dem Rundheiligtum P II 6 stehenden Altars dienten als Vorlage für den Rekonstruktionsversuch. Die Funde in der Nähe des Altars (Rinderschädel auf Kultstange, Hammer, Keule) deuten auf eine Verehrung von Donar. 8 ca. 12 cm dicke Pfosten bildeten ein ungleichmäßiges Rechteck, dessen Längsseiten ungefähr in Richtung Nord-Süd ausgerichtet war (siehe Abbildung 1).


Abbildung 1: Lage der vorgefundenen Holzpfahlreste

Als Diskussionsgrundlage für den Aufbau des Altars wurden mehrere Thesen aufgestellt:

1. Mehrere Bretter wurden zu einer großen Tischplatte zusammengefügt. Diese Theorie konnte anhand der Funde nicht bestätigt werden.

2. Eine aus Weidenruten und Weidenbast gefertigte Matte wurde als Tischbrett benutzt. So eine Matte wurde im angrenzenden Kultsee gefunden, sie wird aber in dieser Arbeit im Moment nicht näher als Möglichkeit für ein Tischbrett betrachtet.

3. ca. 1m große Holzscheiben dienten als Tischplatte. Eine wesentlich kleinere aus der gleichen Zeit stammende Holzscheibe ( 30*27 ovale behauen) wurde in Oberdorla gefunden, größere Scheiben konnten aber nicht nachgewiesen werden. Außerdem wäre die Pfahlsetzung dafür nicht so unregelmäßig ausgeführt worden.

4. Die vorher beschriebenen Holzscheiben wurden auf die Kanten der Pfähle gelegt; dies erweist sich nicht als sehr sinnvoll, da jede kleine Erschütterung des Altars die Scheiben zum Herunterfallen bringen. (Jeder kann sich diese Situation bildlich vorstellen, wenn dieses während eines religiösen Festes passieren würde...)

Die vorher angestellten Überlegungen regten zu folgendem Rekonstruktionsversuch an:
Jeweils 4 Pfähle wurden mit einem auf den Pfählen liegenden Brett verdübelt (siehe Abbildung 2 u. 3). Ähnlich gebohrte Bretter sowie Holzdübel sind schon für die La-Tenézeit in Oberdorla belegt. Diese Bretter dienen dann zum Halt der kleinen Holzscheiben (Abbildung 4).


Abb. 2: Das Setzen der Pfähle Abb. 3: Andübeln der Bretter Abb. 4: fertiger Altar

Ergebnis:
Die so erhaltene Rekonstruktion erweist sich als sehr stabil. Die Tragfähigkeit wurde mit 150 kg getestet. Möglich wäre eine Belastung auf weit über 200 kg. So ist es durchaus möglich, einen geschlachteten Ochsen auf dem Altar zu zerlegen.
Die unsymetrische Anordnung der Pfähle läßt vermuten, daß, falls der Rekonstruktionsversuch richtig ist, die Bretter aus krumm gewachsenen Bäumen gefertigt wurden. Die unsymetrische Anordnung der Pfähle deutet ebenfalls auf die Verwendung von Brettern. Die Funktion der gefundenen durchbohrten Bretter und Holzdübel kann so ebenfalls geklärt werden.

Literatur: Behm-Blancke, Günter, Heiligtümer der Germanen und ihrer Vorgänger in Thüringen Die Kultstätte Oberdorla Teil 1 und 2, Konrad Theiss Verlag Stuttgart, 2002

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